Hundeerzieherin/Verhaltensberaterin IHK
Fütterst du noch oder verziehst du schon? (09.12.2024)

Fütterst du noch oder verziehst du schon? (09.12.2024)

Das Thema Fütterung beim Hund gleicht in vielerlei Hinsicht schon einer Religion und weniger der artgerechten Ernährung eines Haustieres. Ob roh, gekocht, Fertigfutter als Nassfutter, Trockenfutter oder wahlweise auch mit und ohne synthetische Zusatzstoffe – jede „Fütterungssparte“ hat seine Anhänger, die oft verbissen ihre Art als einzig wahre Fütterung propagieren und verteidigen, während alle anderen Fütterungsarten quasi den Hund binnen kürzester Zeit in den Tod befördern. Ja, ok, ich übertreibe vielleicht ein wenig, aber oft hat es schon ein „interessantes“ Beigeschmäckle, wenn man sich über diese Themen austauschen möchte.

Doch eigentlich soll es gar nicht so richtig um die Fütterungsform gehen, sondern vielmehr um den Bereich: was tun, wenn der Hund mäkelig ist und sein Futter nicht mehr Fressen mag. Einer der häufigsten Aussagen zu dem Thema: Futter hinstellen und frisst es der Hund nicht, nach kurzer Zeit wieder wegstellen und zu der nächsten Mahlzeit wieder genau dasselbe dem Hund präsentieren. Und mal ehrlich, irgendwann zu Beginn meiner Zeit als Hundetrainer habe auch ich diesen Tipp gegeben. Heute, viele Jahre später, schaue ich etwas differenzierter auf das Thema Ernährung und Fütterung beim Hund.

Doch erst mal schauen wir, was hinter der Aussage steckt, dass der Hund eben das Futter fressen solle, was man ihm gekauft hat: nämlich das Thema Manipulation und „Verzogen-sein“. Ein Hund, der sein Fressen immer wieder nicht fressen will, versucht uns nämlich zu manipulieren und wenn wir darauf eingehen und ihm immer etwas „besseres“ geben, dann verziehen wir ihn zu einem „Schnäuber“. Ganz klar, oder? Nein natürlich nicht. Meiner Erfahrung nach, haben die meisten Hunde, die mäkeln und ihr Fressen mal gut verputzen und mal nicht ein Problem mit dem Verdauungstrakt. Und bevor die Einwände kommen – man kann auch Probleme mit dem Verdauungstrakt und der Verdauung haben, ohne dass direkt Durchfall beteiligt ist. Oder hattet ihr noch nie Bauchschmerzen und trotzdem normalen Stuhlgang? Eben.

Ganz klassisch sind die Hunde, die zunächst ihr Futter gut fressen und nach einiger Zeit immer schlechter zu sich nehmen. Dann stellt man auf die nächste Sorte um: Hund liebt sein Futter und nach und nach wird es wieder verschmäht. Und nein, der Hund ist nicht einfach mäkelig, in der Regel liegt genau hier eine Problematik in der Verträglichkeit des Futters zugrunde. Das kann an bestimmten Bestandteilen des Futters liegen, an der Verarbeitung oder eben schlicht und ergreifend daran, dass der Verdauungstrakt des Hundes (in den meisten Fällen der Darm) aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Doch wenn der Hund ein generelles Problem mit seiner Verdauung hat, warum frisst er dann meist irgendwann sein Futter zwischendurch doch wieder? Relativ einfach: der Hund will nicht verhungern und ist darauf angewiesen Nahrung zu sich zu nehmen, auch wenn sie ihm Probleme bereitet und nicht gut tut. Darauf zielt auch der Satz „es ist noch kein Hund vorm vollen Futternapf verhungert“ ab. Und in den meisten Fällen stimmt das auch. Einen Gefallen tun wir unserem Hund aber nicht damit und schaden oft auch noch seiner Gesundheit. Denn im Darm liegt ein Großteil unseres Immunsystems und wenn der Darm geschwächt ist, treten nach und nach immer mehr Problematiken im gesamten Organismus auf. Von entzündeten Ohren und Augen über Juckreiz bis hin zu Verhaltensauffälligkeiten. Die Palette ist breit.

Also sollte ich als Besitzer doch zunächst einmal auf Ursachenforschung gehen, wenn der Hund nicht richtig fressen möchte. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Möglichkeiten dazu (z.B. Kotfloraanalysen – da geht es nicht nur um Würmer und co.). Und wenn die Ursache gefunden ist, heißt es diese zu „behandeln“ und das für den speziellen Hund passende Futter finden, welches ihm keine Probleme bereitet und welches er gerne mag.

Und mal so nebenbei: selbst wenn der Hund keine Problematik mit dem Verdauungstrakt hat und sein Futter einfach nur nicht mag – wir brechen uns doch keinen Zacken aus der Krone den Hund mit dem zu füttern, was er gerne mag. Er wird nur weil wir ihm mit der Ernährung etwas Gutes tun, nicht direkt versuchen die Weltherrschaft an sich zu reißen, ganz sicher nicht.

Aber das ist wieder so ein „Machtthema“, welches ich nicht verstehe. Ich habe Hunde weil ich sie mag und weil ich möchte, dass es ihnen gut geht. Dementsprechend schaue ich eben auch, dass sie ihr Futter nicht nur vertragen, sondern sogar mögen. Denn auch das hat einen Einfluss auf die Gesundheit und Befindlichkeit.

Stellt euch mal vor, ihr bekommt jeden Tag z.B. Blumenkohl vorgesetzt und ihr hasst Blumenkohl – wie gut geht es euch damit?

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