Frierende Hunde
Immer wieder treffe ich in meinen Kursen aber auch im Alltag auf frierende Hunde im Winter. Darauf aufmerksam gemacht, gibt es von Seiten der Halter die unterschiedlichsten Reaktionen. Von Verwunderung und Einsicht bis hin zum Augen verschließen und der Meinung „der Hund als Nachfahre des Wolfes friert nicht" oder „da muss er sich dran gewöhnen" - ähm ja, ok.
Das viele unserer Haushunde aber nicht im Ansatz das dicke und gut isolierende Fell eines Wolfes haben und zudem in unseren geheizten Wohnungen leben, wird dabei geflissentlich ignoriert.
Aktuell gibt es auch ein paar Tabellen im Internet, die anhand einer Gradzahl und Gewicht/Größe des Hundes in etwa angegeben haben, ab wann ein Hund friert. Grundsätzlich verstehe ich die Idee dahinter, aber wie so vieles im Leben, ist es nicht so einfach. Wäre ja schön: Blick aufs Thermometer und dann weiß man, ob der Hund einen Mantel braucht oder nicht. Dabei ist es eigentlich noch viel einfacher: man muss seinen Hund einfach beobachten und dann sieht man, ob er friert. Verrückt oder?
Trotzdem schauen wir mal kurz darauf, welche Faktoren das Kälteempfinden unserer Hunde beeinflussen. Klar, zum einen ist es natürlich auch die Größe. Je kleiner ein Hund, desto schwieriger kann er seine Körperwärme selbst halten. Das (be)trifft natürlich die Zwergrassen am deutlichsten. Zudem spielen neben der Größe und dem Gewicht auch die Muskelmasse und Fettverteilung eine Rolle. Ein weiterer wichtiger Faktor sind das Fell und die Fellbeschaffenheit. Hat der Hund dickes plüschiges Fell und ausreichend Unterwolle (Spitz, Husky, etc.) oder ist er quasi nackt, wie viele unserer Kurzhaarrassen (Rhodesian Ridgeback, Dalmatiner, etc.)? Hunde ohne ausreichend isolierendes Fell um sich herum, frieren deutlich schneller und sind auch gerade bei feuchten Wetterverhältnissen schnell, im wahrsten Sinne des Wortes, bis auf die Haut nass. So kommt es eben auch, dass der Mittelspitz als relativ kleiner aber gut isolierter Hund, vermutlich noch lange nicht friert, während der Ridgeback (als sehr großer Hund) schon schlotternd in der Ecke steht.
Ein weiterer Faktor, wie gut sich die isolierende Unterwolle ausbildet ist wie Hunde leben. Konkret meine ich damit: verbringt ein Hund einen Großteil seiner Zeit in der wohltemperierten Wohnung, wird er nicht so viel Fell bilden, wie wenn er draußen leben würde. Aber auch hier gibt es Grenzen, denn nicht alle Hunde sind in der Lage ausreichend Fell oder Unterwolle für die kalten Temperaturen zu bilden.
Zusätzlich spielen das Alter und der Gesundheitszustand des Hundes eine Rolle, wie gut er mit der Kälte umgehen kann. Sehr junge und sehr alte Hunde haben durchschnittlich eher Probleme mit der Kälte (Zusätzlich zu den anderen Faktoren) im Gegensatz zu ihren voll in der Energie stehenden erwachsenen Tieren. Wenn Zusätzlich eine Krankheit den Organismus schwächt, kann ebenso die Empfindlichkeit bei Kälte deutlich zunehmen. Dazu zählen auch Erkrankungen des Bewegungsapparates, bei welchen durch Kälte die Symptome und Schmerzen verschlimmert werden - unabhängig vom Alter der Hunde.
Bewegung ist ebenfalls ein wichtiger Faktor: kann der Hund sich frei bewegen und dadurch Wärme generieren, oder muss er an der kurzen Leine laufen, angebunden oder in einer Box warten? Doch auch die Bewegung alleine reicht bei einigen Hunden (oder Wetterbedingungen) nicht aus, um nicht mehr zu frieren.
Denn neben der Temperatur haben auch die Leuchtfeuchtigkeit und Wind einen entscheidenden Einfluss, wie die Kälte empfunden wird. Nass-kaltes Wetter fühlt sich zumeist deutlich kälter an, während trockene Kälte viel besser ertragen werden kann. Der Wind trägt die Kälte schneller unter das Fell und durch die Bewegung der Luft, wirkt es deutlich kälter.
Wie ihr seht, ist es sehr individuell und von vielen Faktoren abhängig, ob Hunde frieren oder nicht. Es gibt nämlich ähnlich wie bei uns Menschen auch Hunde, die einfach nicht so schnell frieren, unabhängig von vielen der Faktoren. Ihr alle kennt doch bestimmt auch mindestens einen Menschen, der auch im Winter noch im dünnen Pulli unterwegs ist und dem immer zu warm ist, oder? Und obwohl es viele Menschen ähnlicher Statur und Konstitution gibt, frieren diese schneller. Und so ist das auch bei Hunden. Kälteempfinden ist immer subjektiv, individuell und situationsabhängig.
Deswegen ist und bleibt der einzige Weg, den Hund zu beobachten und so zu erkennen ob er friert oder nicht. Unabhängig von Wetter, Tabellen und den ganzen Faktoren, die ich oben genannt habe. Das können alle nur Anhaltspunkte sein, sind aber keine sichere Gleichung, auf die man sich berufen kann.
Woran erkenne ich also, dass mein Hund friert?
Stellt euch mal vor ihr habt nur ein T-Shirt an und geht bei Minusgraden aus dem Haus. Ihr merkt, wie kalt euch ist. Wie ist eure Körperhaltung, die ihr ganz selbstverständlich einnehmen werdet?
Und so ähnlich ist es auch bei den Hunden.
Schon lange bevor sie anfangen zu zittern, kann man einem Hund deutlich ansehen wenn ihm kalt ist. Der Hund "zieht" sich zusammen beim Versuch die Körperoberfläche, welche Wärme abgibt, zu verkleinern. Der Rücken wird hochgezogen und rund gemacht, der Kopf wird leicht eingezogen. Im Gesicht erkennt man oft Zeichen für Unwohlsein (angelegte Ohren, blinzeln, ausdruckslose Augen). Die Rute wird zumeist ebenfalls eher tief getragen. Der Körper und die Muskeln spannen sich an, Bewegungen werden langsamer und steifer. Kälte verlangsamt nämlich. Die Schleimhäute sind oft heller und Herzschlag und Puls verlangsamen sich. Viele Hunde heben Zusätzlich ein Vorderbein an oder heben abwechselnd die Pfoten an (im Stehen oder Sitzen). Auch in der Bewegung fällt der eher steife und verlangsamte Gang auf. Zittern kommt dann als späteres Anzeichen hinzu. Hier versucht der Körper über die schnelle Bewegung der Muskeln Wärme zu generieren.
Manche Hunde fangen auch an zu Quietschen oder zu Fiepen. Andere versuchen durch schnelle Bewegungen wieder warm zu werden. Diese sind aber auch eher steif und staksig.
Wenn ihr euren Hund gut kennt und wisst, wie es aussieht, wenn er sich wohl fühlt, dann werdet ihr den Unterschied schnelle erkennen. Dabei ist aber eben auch ein gewisses Maß an Beobachtungsbereitschaft notwendig.
Wenn der Hund friert, ist es euer Job, dass ihm so schnell wie möglich wieder warm wird. Seid ihr also an der kurzen Leine unterwegs und könnt nicht genug Bewegung generieren, Mantel auf den Hund. Hat euer Hund Probleme mit dem Rücken - Mantel drauf und Rücken warm halten. Muss euer Hund irgendwo warten, wo es kalt ist – ausreichend einpacken und warm halten. Eigentlich ganz einfach, oder?
Dazu kommt, dass ein gut (auf)gewärmter Hund auch bei körperlicher Belastung ein viel geringeres Verletzungsrisiko hat. Damit meine ich neben den Sporthunden auch die Arbeitshunde (Jagdlich geführte Hunde, Hütehunde, etc). Aber auch ein Kaltstart beim Gassi aus dem Auto ist nicht zu empfehlen, aufgrund der erhöhten Verletzungsgefahr.
Und noch ein paar abschließende Worte an jene die meinen: „da muss er sich dran gewöhnen“. Ihr schadet damit neben dem Wohlbefinden und der Leistungsfähigkeit deutlich der Gesundheit eurer Hunde. Wenn man friert hat der Organismus Stress und zu viel Stress macht krank und schwächt das Immunsystem. Wer also meint, seinem Hund etwas Gutes zu tun, indem er ihn wissentlich und geplant frieren lässt, der irrt.
Fazit: friert der Hund - Mantel drauf. Für das Wohlergehen und die Gesundheit eures Vierbeiners.